Selbstständig arbeiten, Projekte eigenverantwortlich umsetzen und den eigenen Traum leben – für viel Designer ist das ein großer Wunsch. Dabei ist der Schritt in die Selbstständigkeit auch mit Risiken und Herausforderungen verbunden. Die Hamburgerin Gudrun Wegener ist selbstständige Infografikerin und hat es sich mit ihrem Blog "Achtung Designer" zum Ziel gemacht, genau diesen kreativen Unternehmern weiterzuhelfen.
Hallo Gudrun, in deinem Blog unterstützt du selbstständige Designer dabei sich ein Design-Business aufzubauen, mit dem sie kreativ, zufrieden und erfolgreich sind. Wie kam es dazu?
Bei meiner Arbeit bin ich viel unterwegs. Mal arbeite ich direkt
in Agenturen, dann wieder alleine oder in offenen Teams. Im Laufe der Jahre hab
ich immer wieder die gleiche Erfahrung gemacht: ich treffe auf tolle und
motivierte selbstständige Kreative, die großartige Designs machen und es
trotzdem irgendwie nicht schaffen am Markt Fuß zu fassen. Und das ist doch
furchtbar!
Dabei sind die Gründe oft ganz ähnlich, denn alle haben im
Studium gelernt tolle Designs zu machen, aber wie man vom "Designer sein" leben
kann, dass hat ihnen niemand beigebracht. Aufträge akquirieren, sichtbar
werden, die eigene Positionierung finden, Preise kalkulieren, Marketing und
Projektmanagement, ... – das alles sind Dinge, die zur Selbstständigkeit dazu
gehören und die man können muss, wenn man erfolgreich sein will.
Meinen Blog "Achtung Designer" habe ich ins Leben gerufen,
weil ich genau dieses Wissen weitergeben möchte.
Warum kannst du anderen selbstständigen Designern weiterhelfen?
Ganz
einfach, weil ich selbst freiberufliche Designerin bin und genau das alles
schon probiert habe. Ich habe Fehler gemacht, aus ihnen gelernt und neue Wege
ausprobiert.
Direkt
nach dem Studium hatte ich mich übereilt selbstständig gemacht, ohne auch nur
den Hauch einer Ahnung davon zu haben, was das eigentlich alles bedeutet. Und
ich bin gescheitert. Aber dafür wusste ich im Anschluss ganz genau, dass zu
einem erfolgreichen Design-Business mehr gehört, als tolle Designs zu
entwickeln. Es
folgten drei spannende und sehr lehrreiche Jahre als angestellte
Infografikerin. Für mich ein echter Glücksgriff. Doch als mein Arbeitgeber
bekannt gab, dass die Agentur umziehen wird, musste ich mich erneut
entscheiden, wie ich meine berufliche Zukunft gestalten will. Also
habe ich ein zweites Mal das "Abenteuer Selbstständigkeit" gewagt und mein
bilderbuero
gegründet.
Jetzt aber mit Berufserfahrung, mehr Wissen und einer genauen Vorstellung von
dem, was mich erwartet.
Heute
bin ich sehr froh darüber. Wer weiß, ob ich sonst all die tollen Projekte und
Ideen umsetzen würde, die heute zu meinem Job zählen. Jetzt möchte ich alle diese Tipps und Erfahrungen
weitergeben und mit anderen Designern teilen, damit diese es leichter haben als
ich.
Das heißt, dads du auf "Achtung Designer" vor allem deine persönlichen Erkenntnisse teilst. Schreibst du alleine auf dem Blog?
"Achtung Designer" ist in erster Linie mein Blog und
trotzdem sind alle Artikel hintergründig recherchiert. Es sind vor allem die
Beispiele, in denen sich meine persönlichen Erfahrungen wiederfinden.
Von Anfang an war es mir aber wichtig, eine möglichst breite
Sicht auf das Thema "Selbstständigkeit als Designer" zu zeigen. Es ist ja sehr
komplex und vielschichtig. Darum führe ich regelmäßig Interviews mit anderen
Kreativen, stelle Bücher vor oder lasse Designer in Gastartikeln zu Wort
kommen.
Selbstständigkeit ist ein weites Feld. Mit welche Themen befasst du dich auf "Achtung Designer" und mit welchen nicht?
Ich befasse mich vor allem mit den Bereichen, welche die
Designer selbst in die Hand nehmen können, um ihr Design-Business
voranzubringen. Dazu zählen beispielsweise Positionierung, Sichtbarkeit, Social
Media, Netzwerken, Akquise, Preisgestaltung oder Marketing.
Themen wie Versicherungen, rechtliche Fragen oder
juristische Inhalte kann und will ich nicht behandeln. Ich bin ja Designerin
und keine Juristin. Für diese Punkte gibt es auch sehr gute und erfahrene
Anlaufstellen wie die öffentlichen Gründerberatungen oder die Handelskammern.
Es geht auf dem Blog auch nicht um Stilfragen,
Designtutorials oder Gestaltungstrends. Im Fokus von "Achtung Designer" steht, wie
man als kreativer Selbstständiger erfolgreich wird und nicht wie man tolle
Designs macht. Das können die Designer ja auch ganz alleine.
Neben den regelmäßigen Blogartikeln veranstaltest du auch Online-Challenges für selbstständige Designer. Was genau ist das?
Als selbstständiger Designer verbringt man viel Zeit am
eigenen Schreibtisch. Trotzdem heißt das nicht, dass man alleine ist. Kreativität
braucht neuen Input und den Austausch mit Gleichgesinnten. Das ist auch etwas,
was ich in den Interviews immer wieder zu hören bekomme: "Geh raus, tausch dich
aus und lerne so dazu".
Zweimal im Jahr veranstalte ich darum eine kostenlose
14-Tage-Challenge
für Designer
auf dem Blog. Die Teilnehmer
bekommen zwei Wochen lang Input zu bestimmten Themen und machen jeden Tag eine
kleine Aufgabe. Alle Teilnehmer tauschen sich untereinander aus, lernen sich kennen
und profitieren so voneinander. Und das bringt alle weiter.
Das ist viel Aufwand. Wieviel Zeit verwendest du denn für den Blog?
Achtung Designer ist "nur" mein Zweitprojekt. In erster
Linie kümmere ich mich um mein eigenes Design-Business und arbeite als
Infografikerin.
Trotzdem ist der Blog inzwischen zeitaufwändiger, als ich es
am Anfang gedacht habe. Das muss ich zugeben. Artikel müssen recherchiert und geschrieben werden,
Interviews geführt oder angefragt werden. Dazu kommen die
Facebook-Seite von
Achtung Designer
und der regelmäßige
Newsletter. Einen Tag pro Woche
plane ich mindestens dafür ein.
Welches Feedback bekommst du von deinen Lesern?
Genau das ist es, was die ganze Arbeit rechtfertigt. Von Anfang an gab es eine rege Kommunikation zwischen mir und den Lesern. Ich bekomme E-Mails von Designern, die einfach nur mal Danke sagen wollen, weil ihnen dieser oder jeder Artikel so sehr weitergeholfen hat. Manchmal bitten mich Leser auch direkt um Unterstützung, weil sie eine Frage über dieses oder jenes Thema haben. Wenn ich auf Veranstaltungen erzähle, dass "Achtung Designer" mein Projekt ist, dann kennen Leute den Blog, kommen zu mir und sprechen mich ganz begeistert an. Anscheinend trifft Achtung Designer genau den Nerv vieler Designer und das motiviert mich immer wieder.
Gibt es auch Dinge, die dich enttäuscht haben?
Nein, bis jetzt nicht. Konsequent und konzentriert dran zu bleiben ist manchmal schwer, vor allem, wenn ich viele Aufträge habe und nur wenig Zeit für "Achtung Designer" übrig bleibt. Darum versuche ich in ruhigeren Phasen vorzuarbeiten – meist klappt das auch ganz gut.
Was hat dich positiv überrascht?
Überrascht hat mich die "Dringlichkeit", die hinter dem
Thema steckt. Es gibt sehr viele Designer, die sich mit dem Thema "Wie kann ich
als selbstständiger Designer erfolgreich sein" alleine gelassen fühlen. Sie
wissen nicht, wo und wie sie am besten Hilfe finden. Dabei sind es oft nur ein
paar kleine Schritte, die es braucht, damit es klappt. Ich möchte, dass "Achtung Designer"
genau diese Unterstützung bieten kann.
Interessanterweise hilft der Blog dadurch nicht nur meinen
Lesern, sondern auch mir. Da ich mich so intensiv mit dem Thema
auseinandersetze, lerne ich ständig dazu und das bringt mich natürlich auch in
meiner Selbstständigkeit voran.
Welchen Tipp hast du für andere Designer, die mit dem Gedanken spielen sich selbstständig zu machen?
Fragen: Raimar Heber